Schon bei der Einführung des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) wurde nicht versucht, eine bedarfsgerechte (psychotherapeutische) Versorgung zu planen, sondern lediglich der Ist-Zustand - basierend auf der Anzahl der am 31.8.1999 rechtswirksam zugelassenen Psychotherapeuten - zum Soll-Zustand erklärt. Diese schon damals nicht korrekten Zahlen sollen jetzt weitergeschrieben werden. Dies passierte, obwohl das geplante "Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung" die Möglichkeit eröffnet hat, diesen historischen Planungsfehler zu korrigieren. Stattdessen scheint es so, als würde in Zukunft die bereits bestehende psychotherapeutische Unterversorgung von psychisch und psychosomatisch kranken Menschen in Berlin weiter verschärft. Wenn es zum geplanten Abbau von Überversorgung nach den Vorgaben des neuen Gesetzes kommen würde, wären in Berlin 670 der 2140 Praxissitze von Psychologischen und Ärztlichen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten betroffen. In diesem Fall würde sich die Absicht des Gesetzes in das Gegenteil verkehren.
Neben der Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung ist es zudem notwendig, die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen anzuheben. Da es seit der Integration der Psychotherapeuten in die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) nicht gelungen ist, die Vorbehalte der Ärzteschaft abzubauen und eine gerechtere Verteilung des Honorars zu erwirken, wird dieses Problem vermutlich nur über eine extrabudgetäre Finanzierung der Psychotherapie zu lösen sein.
Die Psychotherapeuten sind aktuell die am schlechtesten bezahlte Fachgruppe innerhalb der KVen. Sie erwirtschaften bei gleicher Arbeitszeit nur etwa die Hälfte des durchschnittlichen Einkommens anderer Facharztgruppen. Eine Anhebung der Honorare um lediglich 0,9 % für alle Ärzte, entsprechen einem Plus von 73 Cent pro antragspflichtiger Behandlungsstunde in der Psychotherapie: Eine solche Honorarerhöhung würde nicht einmal zum Ausgleich der Inflationsrate führen. Bei den nicht antragspflichtigen Leistungen ist in Berlin die Vergütung zusätzlich noch drastisch schlechter. Beispielsweise Gesprächsziffern, die lediglich drei Mal im Quartal pro Patient abgerechnet werden dürfen, sind weiterhin deutlich niedriger bezahlt als die antragspflichtigen Leistungen. Dabei ermöglichen diese Leistungen eine flexiblere Versorgung von Patienten, wie diese stets von den Krankenkassen gefordert wird.
Es ist daher notwendig, neben einer am Bedarf orientierten Versorgungsplanung und einer angemessenen Vergütung der Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, auch flexiblere Abrechnungsmöglichkeiten einzuführen. Denn nur so kann ein differenzierteres Behandlungsangebot realisiert werden, das sich an den Notwendigkeiten der Patienten orientiert. Die bedarfsgerechte Versorgung psychisch kranker Menschen benötigt eine Weiterentwicklung der Versorgungskonzepte und eine spürbare Wertschätzung und klare Position in der Gesundheitspolitik.
Ansprechpartnerin:
Pilar Isaac-Candeias, Vorstandsmitglied der Psychotherapeutenkammer Berlin Kontakt: Telefon 030 88 71 40-0 oder info@psychotherapeutenkammer-berlin.de
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