"Nicht nur Ärzte arbeiten freiberuflich", betonte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). "Auch Psychotherapeuten entscheiden über Diagnostik und Therapie grundsätzlich für und mit ihren Patienten. Es ist deshalb inakzeptabel, dass MVZ künftig nur bei Mehrheitsbeteiligungen von Ärzten zugelassen werden sollen." BPtK-Präsident Richter warnte davor, in der Gesundheitspolitik einer einseitig ärztlichen Standespolitik zu folgen. "Dies diskriminiert die anderen Gesundheitsberufe, die sich alle dem Wohl ihrer Patienten verpflichtet fühlen. Es untergräbt das Vertrauen der Patienten in die Qualität der Versorgung, die neben Ärzten durch eine Vielzahl weiterer Gesundheitsberufe sichergestellt wird."
Der 16. Deutsche Psychotherapeutentag, der am 8. Mai in Berlin stattfand, forderte die Gesundheitspolitik deshalb auf, die Regelungen zur Trägerschaft eines MVZ im § 95 SGB V unverändert zu lassen, aber zu präzisieren, dass deren fachlich-medizinische Leitung durch entsprechend qualifizierte und fachkundige Personen wahrgenommen werden muss. Einrichtungen, die überwiegend der Versorgung psychisch kranker Menschen dienen, sollten unter psychotherapeutischer Leitung stehen können.
Der Deutsche Psychotherapeutentag sieht in MVZ einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Angebotsstrukturen des deutschen Gesundheitssystems. Viele psychisch kranke Menschen brauchen eine ambulante Versorgung durch multiprofessionelle Teams. MVZ erleichtern die Organisation dieses Versorgungsangebots. Darüber hinaus bieten MVZ für alle beteiligten Gesundheitsberufe Vorteile bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Qualität der Versorgung in MVZ ist aus Sicht der Psychotherapeutenschaft durch die gesetzlichen Regelungen zur Trägerschaft (§ 95 Abs. 1 SGB V) nicht gefährdet.
Psychotherapeuten lassen sich entsprechend ihrer Berufsordnungen weder durch ihre persönlichen ökonomischen Interessen noch diejenigen ihrer Arbeitgeber leiten. Die Psychotherapeutenschaft geht davon aus, dass dies die Richtschnur des Handelns aller Leistungserbringer im deutschen Gesundheitssystem ist. "Anlass zur Sorge gibt eigentlich nur, dass Ärzte für sich zunehmend Geschäftsfelder erschließen, die weit über das Tätigkeitsspektrum eines Heilberufs hinausweisen. Beispiel sind IGeL-Leistungen, die von Schönheitschirurgie bis Neuro-Enhancement reichen und Patienten primär mit Gewinnerzielungsabsichten angeboten werden", betonte Prof. Richter.
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