Von der Proklamation gegen Folter zum berufsrechtlichen Verbot
Berliner Psychotherapeutenkammer verankert das Verbot der Folter in der Berufsordnung
Die Berichte und Bilder aus Guantánamo und Abu Ghuraib haben uns in den letzten Jahren vor Augen geführt, dass die Folter auch im 21. Jahrhundert nicht geächtet ist, sondern in allen ihren schrecklichen Formen auch in und durch Staaten ausgeübt wird, die sich den Menschenrechten nicht grundsätzlich verweigern und demokratisch organisiert sind. Neben der körperlichen Folter werden mehr und mehr psychologische Methoden zur Zerstörung der Persönlichkeit von Menschen und zur Brechung ihres Willens benutzt.
An der Entwicklung und Durchführung dieser Methoden sind Angehörige der verschiedenen Heilberufe beteiligt, vor allem Ärzte und Psychologen.
Auch in Deutschland wird versucht, die Grenze zur Folter zu verschieben oder aufzuheben. Zu erinnern ist hier an die Folterdrohung des Frankfurter Polizeipräsidenten Däschner und die anschließende Diskussion zur Akzeptanz von Folter "in bestimmten Situationen". Ein Argument zur Relativierung der Folterdrohung war, dass selbstverständlich medizinisches Personal anwesend seien müsse. Aber auch an anderer Stelle weiß man den "Nutzen" der Folter zu schätzen, etwa wenn Geheimdienstangehörige Menschen, die in syrischen Foltergefängnissen über Monate gefangen gehalten werden, vor Ort "vernehmen".
Verdienstvollerweise hat der 12. Deutsche Psychotherapeutentag im Mai 2008 eine Proklamation gegen die Folter verabschiedet, nachzulesen auf der Internetseite der Bundespsychotherapeutenkammer (www.bundespsychotherapeutenkammer.de). Dort findet man auch Hintergrundinformationen zum Thema.
Diese Proklamation hat aber keine unmittelbare rechtliche Wirkung. Auf Initiative des Aus-schusses "Berufsordnung, Ethik, Menschen. und Patientenrechte" hat die Delegiertenversammlung der Berliner Psychotherapeutenkammer am 26.3.2009 die folgende Ergänzung der Berufsordnung in § 3 beschlossen:
BO § 3 Abs.4: Psychotherapeuten beachten die Menschenrechte. Insbesondere ist ihnen die aktive und passive Beteiligung an physischer und psychischer Folter verboten. Dazu gehört auch die Begleitung und Beratung bei der Anwendung der Folter, die Drohung mit ihrer Anwendung und die wissenschaftliche Erforschung und Entwicklung von Foltertechniken.
Damit ist Psychotherapeuten nicht nur die aktive und passive Beteiligung an Folter verboten, zugleich besteht dadurch für die Kammer die Möglichkeit der Sanktion. Gegebenenfalls droht der Entzug der Approbation, sollte ein Angehöriger der Kammer gegen dieses Verbot verstoßen. Es ist wünschenswert, dass auch die anderen Psychotherapeutenkammern sich diesem ausdrücklichen und sanktionsbewehrten Verbot anschließen. Noch wichtiger wäre eine ebenso klare Beschlussfassung der ärztlichen Berufskammern.
Dipl.-Psych. Michael Schmude, Delegierter der PTK Berlin