Bedarfsplanung
Das Verhältnis von Einwohner je psychotherapeutischer Praxis muss aufgrund "sachgerechter Kriterien" neu ermittelt werden. Beispielhaft nennt das Gesetz die "demografische Entwicklung". Die Planungsbereiche sollen sich in Zukunft nicht mehr an den Landkreisen orientieren, sondern so zugeschnitten werden, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Beides hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mit Wirkung zum 1. Januar 2013 in der Bedarfsplanungs-Richtlinie neu festzulegen.
Auf Landesebene können die Kassenärztliche Vereinigungen und gesetzlichen Krankenkassen künftig von der bundesweiten Bedarfsplanungs-Richtlinie abweichen und bei den Bedarfsplänen regionale Besonderheiten, insbesondere die regionale Demografie und Morbidität, berücksichtigen. In den Landesausschüssen, die bisher von der Kassenärztlichen Vereinigung und den gesetzlichen Krankenkassen gebildet wurden, erhalten künftig die zuständigen Landesbehörden ein Mitberatungsrecht. Außerdem führen sie die Rechtsaufsicht über die Landesausschüsse. Aufgabe der Landesausschüsse ist es u. a., Unter- bzw. Überversorgung festzustellen und für den Fall, dass Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen sich bei der Aufstellung des Bedarfsplanes nicht einigen können, eine Entscheidung herbeizuführen.
Nachbesetzungsverfahren: Zusätzliche Kriterien bei der Auswahl des Nachfolgers
Wenn eine vertragspsychotherapeutische Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, kann der bisherige Vertragspsychotherapeut die Ausschreibung des Vertragspsychotherapeutensitzes bei der KV beantragen und somit das sogenannte Nachbesetzungsverfahren einleiten. Wenn sich mehrere PPler bzw. KJPler auf den ausgeschriebenen Sitz bewerben, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Die Auswahlkriterien im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens wurden durch das Versorgungsstrukturgesetz erweitert. Neben der bisherigen Kriterien "berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der Tätigkeit, Dauer des Eintrages in der Warteliste der KV, und ob der Bewerber der Ehegatte, ein Kind, ein angestellter Psychotherapeut des bisherigen Vertragspsychotherapeuten oder ein Vertragspsychotherapeut ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde" werden nunmehr zusätzlich folgende Kriterien berücksichtigt:
- "eine mindestens 5 Jahre dauernde vertragspsychotherapeutische Tätigkeit in einem Gebiet, in dem Unterversorgung vom Landesausschuss festgestellt worden ist",
- "ob der Bewerber der Lebenspartner des bisherigen Vertragspsychotherapeuten ist" und
- "ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der KV definiert sind, zu erfüllen".
Die Dauer der Tätigkeit wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist.
Befristete Zulassungen
In Gebieten mit einem Versorgungsgrad ab 100 % können Zulassungen befristet werden, also nur für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden (§ 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V i.V.m. § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV).
Residenzpflicht aufgehoben
Die Pflicht, den Wohnort in räumlicher Nähe zur Praxis zu wählen (Residenzpflicht), ist aufgehoben worden.
Umwandlung einer genehmigten Anstellung in eine Zulassung
Eine genehmigte Anstellung kann nun auf Antrag des anstellenden Vertragspsychotherapeuten in eine Zulassung umgewandelt werden, sofern der Umfang der Tätigkeit des Angestellten einem ganzen oder halben Versorgungsauftrag entspricht. Der anstellende Vertragspsychotherapeut kann gleichzeitig die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei der KV beantragen. Tut er dies nicht, wird automatisch der angestellte Psychotherapeut Inhaber der Zulassung (§ 95 Abs. 9 b SGB V, § 32 b Ärzte-ZV).
Vergütung
Die Vergütung wird wieder regionalisiert. Die KVen beschließen Honorarverteilungsmaßstäbe. Dabei sind die Regelungen im Bereich psychotherapeutischer Leistungen so zu fassen, dass eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleistet ist (§ 87 Abs. 2 SGB V).
Praxisaufkauf durch KVen erst ab 01.01.2013 möglich
Wird in einem überversorgtem Gebiet ein Vertragspsychotherapeutensitz ausgeschrieben und damit das Nachbesetzungsverfahren eingeleitet, kann der Zulassungsausschuss dafür plädieren, dass der Sitz stillgelegt wird. Ein Aufkauf der Praxis durch die KV ist nicht möglich, wenn die Praxis von dem Ehegatte, Lebenspartner oder Kind des Praxisabgebers weitergeführt werden soll, oder wenn der ausscheidende Vertragspsychotherapeut zuvor in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig war, die durch die Stilllegung des Sitzes benachteiligt wäre. Der Aufkauf von Praxen ist erst ab 01.01.2013 möglich, wenn auch die neue Bedarfsplanung geregelt ist.
Ein Beitrag von:
Dr. Sylvia Ruge
Justitiarin der Psychotherapeutenkammer-Berlin