GVWG - Keine Eingriffe in die Therapiehoheit von Psychotherapeut:innen
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Psychotherapeutenkammer Berlin kritisiert scharf die geplanten Eingriffe in die Therapiehoheit der Psychotherapeut:innen.
Die Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag (Nr. 49) zum Entwurf eines Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG, BT-Drs. 19/26822) sah vor, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Prüfauftrag erhalten und bis zum 31. Dezember 2022 die psychotherapeutische Versorgung dahingehend überprüfen sollte, dass die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, orientiert am Schweregrad der Erkrankung, bedarfsgerecht sichergestellt wird. Infolgedessen sollte auch eine Anpassung der Psychotherapie-Richtlinie in Erwägung gezogen werden, sofern das Ergebnis des Prüfauftrages dies erfordert.
Die Psychotherapeutenkammer Berlin lehnt die geplante Änderung strikt ab, da sie einer angemessenen psychotherapeutischen Versorgung diametral entgegensteht. Damit sollen erkennbar Regelungen in der Psychotherapie-Richtlinie der Weg bereitet werden, die an Stelle von individueller Diagnose, Indikationsstellung und Behandlung künftig für die psychotherapeutische Versorgung grobe Raster vorsehen, die festlegen, wie schwer Patient:innen erkrankt sein müssen, um eine Behandlung zu erhalten und wie viele Therapiestunden ihnen zustehen. Das würde zu einer undifferenzierten Psychotherapie führen, die behandlungsbedürftige Patient:innen ausgrenzt, eine am individuellen Bedarf orientierte Behandlung verhindert und damit dem Behandlungserfolg entgegenstehen kann. Dies würde das Ende einer qualitativ hochwertigen und an den/die einzelne/n Patientin/en angepasste Versorgung bedeuten.
Ob, wie intensiv und wie lange eine Behandlung erforderlich ist, müssen Psychotherapeut:innen nach sorgfältiger Diagnostik und unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheits- und Behandlungsverlaufs gemeinsam mit ihren Patient:innen festlegen. Auch können im Verlauf der Behandlung weitere Faktoren hinzukommen, die eine Anpassung des Stundenkontingentes erfordern. Die Behandlung erfolgt so lange und so intensiv, wie es notwendig ist, um die psychische Gesundheit der Patientin wiederherzustellen oder ihre Leiden zu lindern. Die psychotherapeutische Versorgung muss dabei immer am individuellen Bedarf der Patient:innen ausgerichtet sein. Psychotherapeut:innen berücksichtigen dabei selbstverständlich auch den Schweregrad der Erkrankung und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen. Wir bitten Sie daher dringend, diese Aspekte in Ihren Beratungen zu berücksichtigen. Wir appellieren an Sie, sich gegen diesen, für die Patient:innen schädlichen Änderungsvorschlag auszusprechen.
Wir danken Ihnen für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand
Psychotherapeutenkammer Berlin
Dokumente
210527_Offener Vorstandsbrief ÄA_Psychotherapie GVWG
(PDF, 61.54 kb)
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