Auf der einen Seite beschweren sich die jungen KollegInnen erbittert darüber, dass ihnen für die Übernahme einer Praxis Preise zwischen 50.000 und 70.000 € abverlangt werden, wo sie doch schon die enorm hohen Ausbildungskosten mit dem meist unbezahlten Praktischen Jahr finanzieren müssen und die abgebende Generation selbst nichts für die Zulassung bezahlen musste. Auf der anderen Seite stehen die älteren KollegInnen, die ihre Praxen ganz oder teilweise aufgeben möchten, die sich damit etwas aufgebaut haben, die meist keine gute Altersvorsorge haben oder die einfach das Geld haben möchten, das sie am Markt erzielen können. Innerhalb der Profession liegen die Generationen an dieser Stelle im Krieg miteinander. Wer hat nun Recht? Wessen Argumente wiegen schwerer?
Die Kammern sind zur Neutralität und zum Ausgleich gegenüber ihren Mitgliedern verpflichtet. Die Problematik der hohen Verkaufspreise stellt sich in allen Bundesländern. Sie entsteht durch die Einschränkung der Niederlassungsmöglichkeiten im Zuge der Bedarfsplanung. Erst die Beschränkung erzeugt den Markt, der die Gewinne ermöglicht. Die Zulassung zur Teilnahme an der kassenfinanzierten Gesundheitsversorgung ist dabei DER wertbestimmende Faktor.
Um den Konflikt zu entschärfen, hat sich 2010 eine Arbeitsgruppe innerhalb der Bundespsychotherapeutenkammer gebildet, die ein Praxisbewertungsmodell erarbeitet hat. Dieses wird von den Landeskammern Berlin, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen mitgetragen und unterstützt. Das Ziel ist es, transparente und nachvollziehbare Kriterien für die Wertbestimmung aufzustellen, die sowohl bei den Praxisübernehmern und den Praxisabgebenden Akzeptanz finden können.
Das Modell folgt dem Grundsatz der modifizierten Ertragswertmethode. Das ausführliche Papier finden Sie auf unserer homepage. Hier zur Illustration ein Rechenbespiel für eine vollausgelastete PT-Praxis:
BPtK-MODELL
Übertragbarer Praxisumsatz 137,164 €
- Übertragbare Praxiskosten 52.259 €
- Praxisspezifisches Psychotherapeutengehalt 74.000 €
- = Ideeller Wert der Praxis 10.905 €
- x Nachhaltigkeitsfaktor (mind. 2) x 2
- = Nachhaltiger ideeller Praxiswert 21.905 €
- + Substanzwert einer Praxis + xxx EUR
- = Verkaufs-/Kaufpreis der Praxis = 21.905 € + xxx EUR
Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir mit einem Bewertungsmodell den rechtlichen und den ethischen Widerspruch nicht lösen können.
Unser Anliegen ist es, durch die Empfehlung eines Bewertungsmodells in dem Konflikt zwischen Möglichem und Wünschenswertem regulierend einzugreifen. Unsere Hoffnung ist es, dass dieses Bewertungsmodell einen fairen Kompromiss darstellt, mit dem beide Seiten leben können. Unser Wunsch ist, dass sich im Laufe der Zeit ein bundeseinheitlichen Praxiswertermittlungsverfahrens für Psychotherapeutische Praxen etabliert.
Pilar Isaac-Candeias, Vorstand