Einer guten Tradition folgend (siehe dazu PTJ Nr. 1/2010) hat die Grünen-Fraktion Berlin wieder eine Kleine Anfrage zum Stand der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Berlin gestellt.
Anlass ist das Inkrafttreten des Versorgungsstrukturgesetzes am 01.01.12 und die entsprechenden Bedarfsplanungsrichtlinien, die - vom Gemeinsamen Bundesausschuss zu erarbeiten - ab 01.01.13 die flächendeckende psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung sicherstellen sollen.
In der Antwort wird auf die erfolgreiche Umsetzung der 20 %-Regelung verwiesen, durch die die Zulassung weiterer LeistungserbringerInnen - ausschließlich für Versorgung von Kindern und Jugendlichen - möglich wurde. Dabei blieb nicht unerwähnt, dass es hier eine "Verwässerung" (d.A.) durch die Tatsache gab, dass dabei auch diejenigen TherapeutInnen mitgezählt wurden, die sowohl für die Behandlung Erwachsener als auch von Kindern und Jugendlichen zugelassen waren. Über deren tatsächlichen Einsatz im KiJu-Bereich gibt es bis heute keine verlässlichen Zahlen. Diesem Umstand soll nun damit begegnet werden, dass in Zukunft ein Leistungsanteil von 90 % nachgewiesen werden muss.
Abgesehen von der Tatsache, dass man seitens der Senatsverwaltung Verbesserungsbedarf bei der ambulanten und stationären Versorgung traumatisierter Kinder und Jugendlicher und ihrer Familien sowie allgemein bei der Versorgung von Patienten mit Migrationshintergrund (u.a. sprachliche Probleme) sieht, fällt also die Antwort auf diese Anfrage - wie gehabt - positiv und optimistisch aus.
Mit keinem Wort wird allerdings erwähnt, dass die Ausgangsdaten des Versorgungsstrukturgesetzes und damit auch die zukünftigen Bedarfsplanungsrichtlinien vor allem von Seiten der Therapeutenkammer als problematisch angesehen werden, weil sie veraltet sind und nicht den tatsächlichen aktuellen Bedarf abbilden.
Und ganz persönlich vermisse ich natürlich eine Differenzierung von "psychotherapeutischer Versorgung" in die bekanntlich sehr unterschiedlichen Richtlinienverfahren. So wurden bei der Umsetzung der 20% Quote deutlich mehr Sitze an VerhaltenstherapeutInnen vergeben als an VertreterInnen der psychodynamischen Verfahren.
Die bis jetzt sehr ungleiche Verteilung der Sitze auf die Berliner Bezirke, bzw. die damit verbundene erhebliche Unterversorgung - z.B. in Treptow-Köpenick - wird ebenfalls nicht problematisiert. (Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass es selbst in so genannten "überversorgten Bezirken" sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene teilweise erhebliche Wartezeiten gibt.)
Last not least wäre sicher ein Fingerzeig auf die schwerfällige Praxis der hiesigen KV im Umgang mit Job-sharing sinnvoll gewesen, das eine gute Möglichkeit darstellt, zusätzliche TherapeutInnen in die Versorgung einzubeziehen und in anderen Bundesländern wesentlich einfacher umgesetzt wird.
Christiane Erner-Schwab, Mitglied der Redaktion der Psychotherapeutenkammer Berlin
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